Wippenhauser Geschichte(n)
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(Quelle zu historischen Angaben: Chronik der Pfarrei Wippenhausen von Anton Erber)
Vor- und Frühgeschichte
Wippenhausen liegt 7 km nordwestlich von Freising auf den Hügeln des Ampertales in einer Seehöhe von 517 m. Von Wippenhausen hat man einen weiten Rundblick über das Ampertal, auf die Hügel der Holledau. An Föntagen ist die Alpenkette zu sehen vom Gaisberg bei Salzburg bis zur Zugspitze. Erdgeschichtlich wurden die Lehmhügel der Umgebung in der Tertiärzeit von einem Meer abgelagert. Irgendwann in dieser Vorzeit wechselte das Dorf seinen Platz von der Terrasse am Ampertal auf die Höhe, an der Wippenhausen heute liegt.
Im Hochwald südlich von Wippenhausen sind noch 19 bis zu 2 m hohe Hügelgräber aus der Bronzezeit (1800 – 1250 v. Chr.) erhalten. Diese Hügelgräber sind Zeugen eines religiösen Totenbrauchtums und lassen auf den Glauben an das Fortleben nach dem Tode schließen.
Entstehung des Ortsnamens
Der Name des Ortes Wippenhausen leitet sich der Überlieferung nach ab vom Vater Karls des Großen, Pipin dem Kurzen oder eventuell noch von Pipin von Heristal, die ja in der Burg vor Weihenstephan residiert haben sollen. Der Ort Wippenhausen soll einer alten Überlieferung nach von Pipin gegründet worden sein, der sich im Wald verirrte und eine Waldlichtung als geeigneten Ort für eine Kirche und eine Siedlung entdeckte. Der Name des Ortes wechselt ab mit Pupinhusir, Puppinhusir, Puopinhusir, Puppinhuson, Puppinhusa, Uippanhusun, Wippenhusen, Uvippenhusen, Wippinhusin, Wippinhusen, Wippenhausen, Wipenhausen, Pipinhausen, Wippenhausen. Im Bairischen wird der Name des Ortes „wibnhausn“ ausgesprochen.
Besiedelung und Besitz
Die Vorgeschichte unserer Gegend zeigt seit mehr als 8000 Jahren eine ununterbrochene Besiedelung. Ausgrabungen im Landkreis Freising belegen, daß die Häuser einer vorgeschichtlichen Siedlung in dieser Zeit bis zu 50 Meter lang waren und rechteckig. Es war ein Ein-Haus-Hof, das heißt, Wohnbereich, Stall und Vorratsbereich waren in diesem langen rechteckigen Gebäude untergebracht. Gedeckt waren diese Häuser wahrscheinlich mit Stroh.
Das Pfarrdorf Wippenhausen ist eines der ältesten Orte in Bayern und besitzt eines der ältesten Gotteshäuser unserer Gegend. Die Kirche wurde der Überlieferung nach 743 von Bischof Ermbert, dem ersten Bischof der 739 von Bonifatius gegründeten Diözese Freising geweiht. 1993 konnte also Wippenhausen das Jubiläum 1250 Jahre Kirche Wippenhausen feiern. Die älteste Erwähnungng des Ortes Wippenhausen (villa Pup(p)inhusir – übersetzt Ortschaft Puppinhusir), findet sich, und das ist sehr ungewöhnlich, nicht in einer Urkunde, sondern in der vita Corbiniani des Bischof Arbeo (764-783) von Freising und zwar in der Erzählung vom Räubers Adalpert. Zur Zeit Bischofs Atto von Freising (783-811) wird der Ort Pupinhusir in einer Freisinger Urkunde genannt. Unter Bischof Abraham von Freising (957-993/94) wird der Ort um die Zeit 981 und 994 zum ersten mal Wippinhusa genannt. Dies ist die erste eindeutige urkundliche Erwähnung von Wippenhausen.
Wippenhausen ca. 1910
1064/1080 wird der Meierhof (villicatoria curia) in Wippenhausen dem Freisinger Ministerialen Gerold von Wippenhausen zu lebenslanger Nutzung überlassen und blieb als „Inwartseigen“ im Besitz dieses Geschlechts (aus der Sicht des bayerischen Herzogs gelten diese Besitzungen als Besitz des Bischofs von Freising). Die Erben dieser Ministerialen scheinen die Grans gewesen zu sein. Im Jahre 1315 kam der Ort Wippenhausen an das Hochstift Freising. Der herzogliche Rat Ludwig Grans verkaufte an Bischof Konrad Sendlinger (1314-1322) um 800 Pfund Münchner Pfennig „zu Haindlfing einen Hof und einen Hub (kleiner Hof), zu Estemdorf einen Hof, zu Wippenhausen drei Höfe und einen Baumgarten, zu Hopfau (Unterberg) eine Schweig und eine Wiese, Seifridsbruck eine Mühle, eine Taberne und den Brückenzoll daselben, den Zehend zu Tünzhausen, eine Hub zu Schnotting und was ich und meine Erben gehabt han in dem Gerichte Kranzberg, überall Leute und Gut und samt den Gerichten zu Burghausen, zu Wippenhausen und auf anderen Gutem.“ Was dabei Lehen von den Herzogen von Bayern war, wurde von König Ludwig dem Bayem dem Hochstift Freising geeignet.
Im Jahre 1490 bestand die Hofmark Wippenhausen aus vier Höfen, fünf Lehen, drei Solden und einem Hüthaus.
In der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts wurde Wippenhausen innerhalb weniger Jahre zu einem wichtigen Wallfahrtsort. Es entstand die Wallfahrt zum heiligen Kreuz. Das heilige Kreuz wurde 1772 aus der Kirche gestohlen und nie wieder gefunden.
Am 27. April 1796 brannten fünf Bauernhöfe vollständig nieder: der Lauserbauer (Matthias Ziegeltrum), der Moar (Matin Kranz), der Hupferbauer (Lorenz Bauer), Wirt und Dorfschmied (Andreas Waldmann) und der Hof von Anton Metz. Durch die darauffolgenden Krieg und die damit verbundenen Napoleonischen Feldzüge wurde die Ganze Gegend schwer mitgenommen. Hieran erinnert noch der Flurname Husarenloch zwischen Burghausen und Neuhausen.
Leben und Gebräuche
Im Jahre 1802 beschreibt Josef von Hazzi das Leben der Bevölkerung: „Die Manner lieben die blaue Farbe zu Röcken mit gleichen Knöpfen von Kameelhaar, und die rothe zu Westen. Um den Leib schnallen sie einen breiten Gurt und grüne Bander halten von aussen über die Weste die schwarzen Hosen fest. Ihren Kopf bedeckt ein runder Hut. Bei den Weibspersonen bildet der Mieder und ein kurzer Rock in einem Stücke, nebst einem Schurz den ganzen häßlichen Anzug. Rohheit und Bigottismus herrscht durchgehends. Die drei Galgen, nebst einem Viertelgalgen, in diesem Gerichte beweisen, daß Kriminalfälle nicht selten sind. Viehdiebstahle ereignen sich häufig und keine neue Pflanzung von Obst, Erdäpfeln ist sicher. Die Kost besteht aus Knödeln, Nudlen, Kraut. Die Bauem betreiben die Dreifelderwirtschaft und bauen Kom, Weizen, Gerste, Hafer, und auch etwas Flachs an. Viele Wiesen sind saure Mooswiesen, die nur einmal im Jahr gemäht werden können. Hauptkrankheiten sind Fieber und Abzehrung. Gewerbe gibt es keines außer Getreide-, Holz- und etwas Viehverkauf. Das Leben in dieser Gegend ist hart und die Leute leiden unter Schneedruck, Viehseuchen, Feuersbrünsten, unverhältnismäßigen Abgaben unsicherem Eigentum und übermäßigem Scharwerk. Schwer zu schaffen machte den Menschen die Soldatenaushebungen und Hazzi vergleicht die Gegend einem allzu ausgelichtetem Wald, wo bald kein brauchbarer Stamm mehr zu finden ist.“
Über die politischen Verhältnisse schreibt er: „Nach einer ordentlich eingerichteten Schule, nach einem aufgeklärten Pfarrer, einem Arzte oder verständigen Chrirurgen oder Hebamme sucht man hier vergebens. Wenn der hier befindliche Bader zu einem Kranken gerufen wird, so führt er bei allen die nemliche Sprache. ‚Du mußt‘, sagt er, ‚ein paar Mal zum Brechen einnehmen, damit der Schleim und Unrath von der Wurz heraus und nicht in die Gedarme komme.‘ So wie sich der Bader auf seine Brechmittel verlaßt, so nimmt die Hebamme, wenn sie gerufen wird und die Wehen anrükken, ihre Zuflucht beim Rosenkranz; kommen die Wehen starker, wird ein zweiter gebetet, steigen sie noch höher – ein dritter, und es bleibt der Natur ganz überlassen, da Kind zur Welt zu befördem, das bis zur Taufe wie vom Teufel besessen gehalten wird, welches grasse Vorurtheil fast noch durchgängig im Lande herrscht.“
1810 bestand Wippenhausen aus einer Kirche, 19 Wohnhäusern und 20 sonstigen Gebäuden. Davon waren 6 mit Ziegeln, 4 mit Schiefer, 10 mit Schindeln, und 20 mit Stroh gedeckt.
Das Pfarrhaus kam 1830 nach Wippenhausen.
1872 führte die Erzdiözese München und Freising eine Bestandsaufnahme aller Pfarreien durch. Wippenhausen wird folgendermaßen beschrieben:
Dorf, Pfarrkirche, Pfarrhaus, Schule, Friedhof.
Wippenhausen: 87 Seelen in 20 Häusern
Hahnbach: Einöde, 7 Seelen in 1 Haus 1/4 Stunde von Wippenhausen
Unterberg: Einöde, 12 Seelen in 1 Haus 1/4 Stunde von Wippenhausen
Schule
1821 wird die die Schule in der öffentlichen Stube des Wirts von Thalhausen nach Wippenhausen verlegt und bis 1824 im dortigen Wirtshaus abgehalten.
1824 wird ein Schulhaus gebaut (gegenüber dem heutigen Pfarrhof; inzwischen abgerissen). 1904 wird ein neues Schulhaus für 130-140 Schüler errichtet. 1952 wurden noch 70 Kinder unterrichtet; 1969 wurde die Wippenhauser Schule aufgelöst.
Die Pfarrkirche
Die Pfarrkirche in Wippenhausen wurde um 743 erbaut und vom Bischof Ermbert geweiht. Kirchenpatron ist der heilige Nikolaus von Myra.
Der Überlieferung nach wurde sie von Pipin gestiftet. 1704 schenkte der Abt D.D. Benedictus Ruedolf von Weihenstephan der Kirche Wippenhausen zwei Altare aus der Klosterkirche. Die Kirche war von Anfang an geostet, d. h. die Gemeinde betet mit dem Gesicht zur aufgehenden Sonne, dem ältesten Symbol des auferstandenen Jesus Christus. Gottesdienste wurden abwechselnd hier oder in Oberberghausen gehalten. Die Glocken mußten in Kriegen mehrmals abgegeben werden. Erst 1950 kamen vier neue Glocken auf den Turm. Geweiht wurden eine Nikolausglocke, eine Marienglocke und eine Josefsglocke. Zuletzt wurde die Kirche 1976/1977 renoviert. Die Pfarrkirche erhielt gemäß der Vorschriften des II. Vatikanischen Konzils einen Volksaltar, der dem Stil des Altarraumes angepaßt ist. Mit einem feierlichen Dankgottesdienst am 8. Oktober 1976 mit Weihbischof Graf von Soden-Fraunhofen war die Renovierung der Kirche abgeschlossen.
Die Wippenhauser Kirche gilt als Frühwerk des Kirchenmalers Josef Nickl (1890–1962). Insgesamt sind 107 Figuren dargestellt.
Das Deckengemälde über dem Volksaltar zeigt die wunderbare Auffindung des HI. Kreuzes im Wippenhauser Wald. Vorlage zu diesem Bild ist das auf Blech gemalte Bild in der Kreuzsäule im Wippenhauser Wald.
Die Deckenbilder von vorne nach hinten:
Teufel sät Unkraut unter den Weizen
Christus als guter Hirte, seitl. Evangelistensymbole
Reicher Prasser – Armer Lazarus
Bogen über dem Altarraum
Anbetung des Kindes durch Könige und Hirten
Südwand
12 jähriger Jesus im Tempel
Hochzeit zu Kanan
Krankenheilung
HI. Theresia v. K. / HI. Bruder Konrad
HI. Elisabeth, HI. Florian
Nordwand von hinten
- Korbinian, HI. Irmengard (seliggesprochen!)
HI. Eberhard, HI. Notburga
Palmsonntag
Ölberg
Kreuzigung
Der Hochaltar wurde 1707 geweiht, 1871 und 1929 verändert. Das Altarbild zeigt die Krönung Martens gemalt von A. Kromer um 1871. Links davon der Kirchenpatron, der hi. Nikolaus und rechts der hl. Josef, (beide 1. Hälfte 17. Jhd).
Die Seitenaltare
Der nördliche Seitenaltar zeigt den Apostel Thomas, der seine Hand in die Seitenwunde Christi legt. 1871 gemalt von Kromer.
Der südliche Seitenaltar zeigt im Altarblatt Maria ohne Erbsünde empfangen (immaculata), gemalt ebenfalls von Kromer.
Die Kanzel stammt aus dem späten 17. Jhd. 1858 verändert. Die Kanzel hat die Form eines vierseitigen Korbes. Die vier Rechteckfelder zeigen die vier Evangelisten.
Die Kirchenbänke stammen in ihrem Originalbestand aus den Jahren um 1700, wurden zum Teil verändert und emeuert.
Der Taufstein aus dem 18. Jahrhundert. Wippenhausen hatte vermutlich erst seit sie selbständige Pfarrei ist (1806) einen Taufstein. An der Südwand sind vier Halbfiguren auf marmorierten Sockel angebracht, ein Papst mit Kind und drei Mönche. Ein Kelch des Freisinger Goldschmieds Johann Sebastian Kipfinger (1671-1736) aus dem Jahre 1709 ist noch vorhanden. Auf dem Kelch ist eingraviert: „Ad Ecclesiam S. Nicolai Episcopi Pipinhausen 1709“ (Der Kirche des hi. Bischof Nikolaus in Pipinhausen gehörig 1709).
Belohnung
Nachdem Du Dich bis unten durchgelesen hast ist hier als „Belohnung“ ein kleiner Film aus jüngerer Zeit eingestellt, der einen plastischeren Eindruck von den einzigartigen Malereien dieser Kirche gibt, die sie von anderen Oberbayerischen Kirchen abheben.
Dorferneuerung
Die Aufgabe der Höfe hat Wippenhausen seit der Jahrtausendewende zusehends verändert. Stadl und andere Bauten wurden umgebaut oder abgerissen und durch Wohnungsbau ersetzt. Beispiele typischer Veränderungen dieser Dorferneuerung im Erscheinungsbild sind hier festgehalten. Die Veränderungen im täglichen Leben muss man selbst erleben.
Ausgrabung
Im Rahmen der Dorferneuerung wurde auch ein neues Feuerwehrhaus gebaut, das gleichzeitig dem örtlichen Schützenverein eine neue Heimat bietet. Vor der Bebauung wurde 2014 eine archäologische Grabung durchgeführt, weil am geplanten Standort auf der rechten Amperleite bei Wippenhausen Urnenfelder vermutet wurden. Hierbei wurde (neben zerscherbten Keramikgefäßen) eine 5,4 cm große stilisierte anthropomorphe Figur aus gebranntem Ton gefunden. Dieser Fund einer Menschenfigur aus einer bilderlosen Zeit ist außergewöhnlich, weil die Urnenfelderzeit (800 – 1200 v. Chr.) als weitgehend anikonische Kulturstufe gilt, bei welcher also vermutlich aus religiösen Gründen die Darstellung von Menschen nicht stattfand oder sogar verboten war.
Bilder und Informationen mit freundlicher Genehmigung der Fa. X-Cavate, die diese Grabung durchgeführt hat.